Kapitel 3.2: Vom Traumpartner- zum Lebenspartner

Verliebt, verlobt, verheiratet. Und was kommt dann?

Unser Leben lässt sich nicht nur in Bezug auf unsere persönliche Entwicklung und das Alter in verschiedene Phasen einteilen. Auch im Zusammenhang mit Beziehungen mit den jeweiligen Lebenspartnern lassen sich unterschiedliche Phasen beschreiben. Je nachdem, wie lange die Beziehung dauert, hat sie nicht nur Höhen, sondern auch einige Tiefen. Der Trost ist in diesem Zusammenhang, dass wir Höhen nur als solche erkennen können, wenn wir wissen, was entsprechende „Tiefen“ sein können.

Dass das Thema sehr aktuell ist, kann man durch eine Internetrecherche schnell feststellen. Wenn ihr den Begriff „Beziehungsphasen“ in die Suchmaschine eingebt, erhaltet ihr zahlreiche Ergebnisse.

Der bekannte Paartherapeut und Psychologe Roland Weber definiert zum Beispiel 5 Phasen der Liebe einer Beziehung (genaueres findet ihr in der Quelle 3.2). Ein Artikel zu dem Thema erschien im April 2019 in der Brigitte. Das Magazin „Freundin“ hat das Thema im Mai 2019 in einem Artikel von Nadine Kleber aufgegriffen und definiert sogar neun Phasen (genaueres findet ihr in der Quelle 3.3).

Die Autoren der oben genannten Artikel betrachten die Phasen aus der „Ich-Perspektive“, wie sie vom einzelnen Partner gesehen werden. In meinem Blog möchte ich diese Phasen auf eine andere Ebene setzen, nämlich die des Lebenskontextes. Dadurch soll ein Perspektivwechsel erreicht werden, den ich für extrem wichtig halte, wenn es um den Erhalt von Beziehungen geht. Der Perspektivwechsel selbst wird in einem separaten Kapitel noch einmal näher beleuchtet.

Folgende Phasen könnten in Bezug auf persönliche Partnerschaften im Lebenskontext identifiziert werden:

Beziehungs-Kontext-Phase 1: Das Kennenlernen und die erste Verliebtheit

Beziehungs-Kontext-Phase 2: Von der ersten Zeit des Zusammenseins

Wenn Kinder aus dieser Beziehung hervorgehen:

Beziehungs-Kontext-Phase 3: Die Elternzeit zu Hause mit dem Kind

Beziehungs-Kontext-Phase 4: Die Kinderkrippe und das Kindergartenalter

Beziehungs-Kontext-Phase 5: Das Schulalter

Beziehungs-Kontext-Phase 6: Die Kinder ziehen aus

Beziehungs-Kontext-Phase 7: Der Vorruhestand und die Rente

Ich bin sehr gespannt, wie ihr diese Ausführungen findet. Vielleicht findet ihr die Inhalte alle Unsinnig, vielleicht findet ihr euch aber auch an der ein oder anderen Stelle wieder. Wenn Ihr die Zeit und Lust dazu habt, dann freue ich mich über eure Rückmeldungen auf Facebook, LinkedIn, Xing oder unten auf dieser Seite bei den Kommentaren.


Beziehungs-Kontext-Phase 01: Das Kennenlernen und die erste Verliebtheit

Wenn wir uns verlieben und dabei auf Gegenliebe stoßen, spielen unsere Gefühle erst einmal verrückt. Wir sind vor den Verabredungen jedes Mal unglaublich aufgeregt und wollten den optimalen Eindruck erwecken. Zur Vorbereitung der Treffen gehört unter anderem die ausgiebige Körperpflege und die Auswahl eines passenden Outfits. Spätestens hier kann es kompliziert werden: Was sollen wir anziehen, um das richtige „Bild“ zu transportieren? Eher flippig & bunt oder schlicht & ergreifend? Die Entscheidung treffen wir nur deshalb irgendwann, weil uns einfach die Zeit davonläuft. Das Ergebnis: Ein leerer Kleiderschrank und ein mit Klamotten überfülltes Bett. Mit „wehenden Fahnen“ verlassen wir die Wohnung, um noch pünktlich zu sein. Ein herrlicher Zustand!

Beziehungs-Kontext-Phase 02: Von der ersten Zeit des Zusammenseins

Sicher kennen Sie den Spruch „Niemand ist perfekt!“ – uns selbst eingeschlossen. Jeder von uns hat seine Macken! Diese zeigen sich, wenn wir viel Zeit miteinander verbringen und besonders dann, wenn wir auch am nächsten Morgen oft zusammen aufwachen.

In der Phase erster Verliebtheit haben wir mit den „Macken“ des Partners sehr viel Nachsicht, egal ob es sich um die berühmte, nicht zugeschraubte Zahnpasta-Tube handelt oder um eine achtlos auf den Boden geworfene Jacke im Hausflur. In der ersten Zeit schrauben wir den Deckel zu und/oder hängen die Jacke mit einem seligen Lächeln auf den Lippen auf – und verzeihen, weil es ja „so süß ist“. Ab einem bestimmten Zeitpunkt ziehen die Paare dauerhaft zusammen. In den meisten Fällen gehen beide ihrem Beruf oder der Ausbildung nach und sehen sich nur zum Frühstück und Abendessen sowie an Sonn- und Feiertagen. Ob wir wollen, oder nicht, es kehrt eine Art der Routine ein. Im Grunde genommen ist das gut und so soll es auch sein. Allerdings beginnt in dem Moment auch die Phase, wo die nicht zugedrehte Zahnpastatube und die achtlos auf dem Boden liegende Jacke zum Ärgernis werden kann.

Der gemütliche Hausanzug wird angezogen und am Wochenende lange im Schlafanzug auf der Coach gelegen. Die einst herausgeputzten Menschen verwandeln sich in „Schlafanzug- und Jogginganzug-Träger im Wohlfühlmodus“. Das Ganze hört sich sehr übertrieben an! Damit ist gemeint, dass wir unsere Partner nicht mehr in sogenannten „Ausnahmezuständen“ treffen, in denen wir gemeinsam weggehen und uns deshalb in „Schale geschmissen“ haben. Es ist ganz normal, dass sich in vielen Beziehungen Routinen einstellen und wir unseren Partner nicht mehr ständig „auf der Höhe“ erleben.

Beziehungs-Kontext-Phase 3: Die Elternzeit zu Hause mit dem Kind

Der ersehnte Nachwuchs ist da! Die neuen Erdenbürger bringen grundlegende Änderungen in die bestehenden Tagesabläufe des Paares. Ruhige Nächte und Wochenenden, an denen ausgeschlafen werden kann, sind für eine lange Zeit vorbei. Das aber ist gar nicht die größte Wandlung: Die schwerwiegendste findet zwischen den Partnern statt. Während sich der eine Elternzeit nimmt, geht der andere zur Arbeit. Während sich der eine meistens für den Büroalltag herausputzt, kommt der zu Hause Bleibende oftmals aus dem „Wohlfühlanzug“ (Haus- oder Jogginganzug) gar nicht mehr heraus.

Der im Berufsleben Stehende entwickelt sich anders weiter, als der zu Hause Bleibende. Er bekommt wesentlich mehr „Input“, wenn sich der Partner nicht bemüht, mitzuwachsen.

Ist der Arbeitende zum Beispiel in einem Büro tätig, geht er morgens entsprechend seiner Tätigkeit im Geschäftsanzug gekleidet aus dem Haus und verbringt einen Tag mit Kollegen, die alle im gepflegten Business-Outfit erscheinen. Die Damen sind stets geschminkt, gut duftend und mit lackierten Fingernägeln. Die Herren erscheinen im Anzug mit Krawatte. Abends kommt der Arbeitende nach Hause und findet vielleicht ein Chaos vor, mitten drin den geliebten Partner mit vollgekleckertem T-Shirt. Natürlich liebt man den anderen, aber im Unterbewussten sucht man vielleicht den Partner von einst.

Schwerwiegender sind für die Arbeitenden meist die Themen, mit denen sie zu Hause konfrontiert werden: Während im Büro neue Kunden große Herausforderungen darstellen, berichten die Erziehenden der Kinder von „gut riechenden Windeln“ bis hin zur detaillierten Erzählung über das „Zahnen“. Alles Dinge, die absolut natürlich sind und den Erziehungsalltag begleiten. Allerdings interessieren sie nicht immer den arbeitenden Partner, der sich mit anderen Themen beschäftigt. Noch problematischer ist es, wenn es sich jeden Abend um die gleichen Themen handelt.

Ein weiteres Beziehungskonfliktpotential ergibt sich, wenn Erziehende vom Arbeitenden verlangen, an bestimmten Tagen zu einem bestimmten Zeitpunkt zu Hause zu sein. Zum Beispiel um dann zum Sport gehen zu können oder um einen Kurs besuchen zu können. Je nachdem, welchem Beruf der Arbeitende nachgeht, ist es nicht immer möglich, pünktlich zu Hause zu sein, weil sie beruflich zum Beispiel durch einen Vorgesetzten oder den Arbeitsprozess fremdgesteuert sind.

„Liebling, ich hab‘ die Kinder die ganze Woche, am Wochenende bist du dran.“ Diese Forderung stellen einige Erziehende an ihre Partner und es handelt sich um eine durchaus nachvollziehbare Ansicht. Problematisch wird es in dem Moment, wenn sich der Arbeitende damit gleich in die nächste Fremdbestimmung begeben muss, die er in der Woche durch seinen Beruf hat.

Die Erziehenden übernehmen den schwereren und komplexeren Part in der Partnerschaft. Sie sollen sich um Kinder und Wohnung kümmern, idealerweise den perfekten Haushalt führen und abends noch eine ansehnliche Partie sein, mit der man sich gut unterhalten kann und die, um das alles noch zu toppen, immer noch etwas Spannendes zur Unterhaltung zu bieten hat. Was für eine Herausforderung!

Aber nicht nur der Tagesablauf innerhalb einer Partnerschaft ändert sich. Auch Freundschaften müssen neu geordnet werden.  Die intensive Ausübung eines Mannschaftssportes oder Kneipentouren mit Freunden sind nur noch planbar, wenn der Nachwuchs zu der Zeit betreut werden kann. Die Prioritäten der Eltern ändern sich in vielen Bereichen, denn nach einer durchfeierten Nacht ist zum Beispiel mit kleinen Kindern, die wohl behütet zu Hause geblieben sind, kein Ausschlafen am nächsten Morgen mehr möglich. Die Themenbereiche ändern sich und beinhalten nun Ernährungsthemen für Kleinkinder und Erziehungskonzepte. Die Probleme unabhängiger Alleinstehender oder von kinderlosen Paaren erscheinen jungen Eltern neuerdings lapidar und unbedeutend.

Beziehungs-Kontext-Phase 4: Die Kinderkrippe und das Kindergartenalter

In dieser Phase geben die Eltern ihre Kinder das erste Mal in fremde Hände und werden mit anderen Sichtweisen in Bezug auf Erziehung konfrontiert. Je nach Lebenssituation der Familie gehen ab dem Zeitpunkt beide Elternteile wieder ihrem Beruf nach. Diese Phase beinhaltet neue Herausforderungen, denn zu den täglichen Erziehungsfragen kommen berufliche Themen und der Haushalt.

Beziehungs-Kontext-Phase 5: Das Schulalter

Dieser Lebensabschnitt bringt viele Änderungen in einer Familie mit sich. Der sogenannte „Ernst des Lebens eines Kindes“ scheint begonnen zu haben, denn all seine Leistungen werden ab jetzt bewertet. Die ersten beiden Schuljahre laufen noch einigermaßen entspannt ab. Spätestens, wenn es um den Notendurchschnitt für die weiterführenden Schulen geht, kommt Stress in den Familien und damit auch unter den Erziehenden auf. Dieser wirkt sich auch auf die Beziehungen aus.

Beziehungs-Kontext-Phase 6: Die Kinder ziehen aus

Kennt ihr den Spruch: Sind die Kinder aus dem Haus und ist der Hund Tod, so beginnt für die Mutter ein neues Leben!

Er stammt natürlich aus den Zeiten, in denen ein Elternteil größtenteils zu Hause war und keinem Beruf nachging. Dennoch hat der Spruch viel Wahrheit und sollte an unsere Zeiten angepasst werden, in denen meist beide Partner arbeiten:

Sind die Kinder aus dem Haus und ist der Hund Tod, so beginnt für die Eltern ein neues Leben!

Auch dieser Lebensabschnitt bringt viele Veränderungen mit sich und die Ehepartner stehen häufig vor einer inneren und äußeren Leere, sobald die „Kinder“ ausgezogen sind. Dies ist die Zeit, in der wir uns wieder einmal neu positionieren und lernen müssen, mit mehr Zeit umzugehen.

Beziehungs-Kontext-Phase 7: Der Vorruhestand und die Rente

Wenn wir die Phase 6 geschafft haben, ist die 7. leichter zu erklimmen. Aus Erzählungen weiß ich, dass es für Menschen, die „gefühlt“ ihr Leben lang gearbeitet haben, manchmal schwer ist, von 100 % auf 0% runter zu fahren. Dies ist die Zeit, in der wir uns noch einmal neu positionieren und lernen sollten, mit noch mehr Zeit umzugehen.


Profis aus den psychologischen und sozialen Fachbereichen und vielleicht auch verwandte Berufsgruppen werden sich möglicherweise sehr über diese Zeilen aufregen. Sie werden sagen, dass das alles viel zu einfach ist und zahlreiche Nebenaspekte keine Berücksichtigungen finden. Eine Rückmeldung eines „Testlesers“ war, dass er diese Ausführungen als sehr einseitig und auf Äußerlichkeiten reduziert findet. Das ist alles richtig!

In den folgenden Kapitelveröffentlichungen möchte ich auf wenige, aber ganz bestimmte Aspekte hinaus, die aus meiner Erfahrung heraus die Grundlegendsten für die gelungene Beziehungspflege sind.

Ich bin ebenso der Meinung, dass wir viele Dinge viel zu kompliziert machen und es vielleicht eine Chance ist, Dinge auf die Basis hinunter zu brechen.

Vor Jahren fragte ich einen sehr erfolgreichen Manager nach seinem Berufsgeheimnis. Er antwortete: Alle wegweisenden Veränderungen innerhalb eines Konzerns müssen als Grundidee auf einer DIN A 4 Seite für andere nachvollziehbar formuliert werden können. Sonst taugen sie nichts. Erst im weiteren Verlauf des Veränderungsprozesses werden die Grundideen vertieft werden.

Ich habe mit diesem Ansatz für viele Projekte gearbeitet und sehr gute Erfahrungen gemacht. Bei dem Blog habe ich es umgedreht, indem ich verschiedene Aspekte, die Beziehungen ausmachen, aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchte und dann am Ende ein Ergebnis bekomme: Und das passt auf eine DIN A 4 Seite und ist in Kapitel 6 zu finden.

Im folgenden Kapitel 3.3 geht es um die Bedürfnisse der Menschen innerhalb ihrer Beziehungen. Habt ihr Interesse über die Beziehungswaage zu lesen? Hier findet ihr mehr…

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