Selbst-, Fremd und Metabild

Quelle: Bolten

Dieses Modelentfält ein Bild, welches die wenigsten kennen: Metabild

Die ersten beiden Begriffe sind selbsterklärend:

Selbstbild: so sehen sich die Menschen selbst

Fremdbild: so werden die Menschen von dem Gegenüber gesehen

Das Metabild aber ist das Spannendste: So GLAUBEN die Menschen, dass sie von den anderen wahrgenommen werden! Da gibt es zu einem hohen Prozentsatz Diskrepanzen (Abweichungen), die zu großen Missverständnissen führen können. Sie hängen nicht nur vom Selbstverständnis ab, sondern sind oft auch kulturell geprägt. Zwei Beispiele sollen diese Aussagen verdeutlichen:

Ein Beispiel aus einem kulturellen Kontext

Eine 20-jährige besuchte ein Rhetorikseminar. Eine Aufgabe war die Stehgreifrede von ca. 3 Minuten vor den Kursteilnehmenden. Dabei wurden die Vortragenden gefilmt, um sich im Anschluss selbst sehen zu können. Als die junge Frau an dem Rednerpult stand, fühlte sie ihr Herz wild bis zum Hals pochen (Selbstbild). Ihre Stimme zitterte und sie war fest davon überzeugt, dass es jeder im Raum hören würde (Metabild). Zunächst gaben die anderen Teilnehmenden eine Rückmeldung an die Rednerin: Sie sei sehr sicher gewesen und würde nur zu schnell sprechen. Die junge Frau fragte nach, ob ihre Unsicherheit nicht sichtbar gewesen wäre. Da kam ein klares NEIN! Sie konnte es nicht glauben und war absolut überrascht, als sie sich selbst auf dem Video sah. Tatsächlich: Man merkte ihr nichts an.

Ein Beispiel aus einem interkulturellen Kontext

Prof. Jürgen Bolten von der Friedrich-Schiller-Universität in Jena bekam den Auftrag, ein Kommunikationsproblem in einem interkulturellen Team zu lösen. Dieses Team bestand aus Deutschen und Indern, die zusammen an einem Projekt arbeiteten. Man erstellte einen Fragenbogen, auf welchem die Mitarbeitenden jeweils auf einer Skala von 1 bis 10 ankreuzen sollten:

Grün: Fremdbild:       Wie die Deutschen die Inder sehen

Blau: Selbstbild:                     Wie die Inder sich selber sehen

Rosa: Metabild:          Was die Inder glauben, wie sie von den Deutschen gesehen werden.

Sehen wir uns nun zwei Bereiche genauer an:
Wie direkt oder indirekt sind die Inder in ihrer Kommunikation in diesem speziellen Team?

Die Deutschen sehen die Inder als sehr indirekte Menschen in der Kommunikation. Die Inder empfinden sich selbst aber als direkt. Das Problem ist, dass sie der Meinung sind, dass auch die Deutschen sie als direkt empfinden.

Nun müsste man an dieser Stelle genauer definieren, was die einzelnen als „direkt“ und „indirekt“ empfinden, was aber zu weit führen würde.

Wie emotional oder sachbezogen sind die Inder in ihrer Kommunikation in diesem speziellen Team?

Während sich die Inder selbst als rational (sachbezogen) empfinden, haben die Deutschen in diesem Team dazu keine ausgeprägte Meinung. Die Inder denken aber, dass die Deutschen sie für sehr emotional halten. [1]


[1] Dieses Beispiel bezieht sich auf dieses individuelle Team und bezieht sich nicht auf „alle Inder und alle Deutschen“ im Allgemeinen.

Prof. Dr. Jürgen Bolten, Vorlesung „Einführung in die Interkulturelle Wirtschaftskommunikation“ (Skript 3.2), Jena 2010, Seite 2