In den Schulen (weltweit) prägen Nationen ihren Nachwuchs durch das, was ihm neben den allgemeinen Fähigkeiten, wie Lesen, Schreiben und Rechnen beigebracht werden. Es geht weit darüber hinaus, denn dort wird auch die Landesgeschichte, die Politik und nationale Literatur vermittelt. Durch die Auswahl der Inhalte findet im Unterbewussten auch eine kulturelle Prägung des jungen Menschen statt. In Deutschland lesen die Jugendlichen in höheren Klassen z.B. immer noch Thomas Mann, weil dieser als Nobelpreisträger durch seine Werke unsere Kultur geprägt hat.
Kinder bekommen aber nicht nur pure Lerninhalte vermittelt. Vielmehr trainieren sie in unterschiedlichen Fächern ihr Gehirn und bekommen Strategien an die Hand, Probleme zu lösen, indem sie erlerntes Wissen übertragen. Wenn in den höheren Klassen z.B. Mathematik unterrichtet wird, dann stöhnen die Schüler oft, dass es Unfug ist, Kurvendiskussionen zu lernen. Sie argumentieren, dass sie dieses Wissen nie wieder brauchen würden. Dabei geht es gar nicht um die Mathematik an sich, sondern um das Erlernen von Regeln und deren Anwendung auf neue Situationen. Das Gleiche gilt für andere Fächer, wie zum Beispiel Gedichtinterpretationen in Deutsch.
Auch Lehrstile haben einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung des Lernenden. Das Internet bietet zu dem Thema sehr viel interessantes Material, wenn der Begriff „Lehrmethoden“ eingegeben wird. An dieser Stelle sollen nur drei grundsätzliche Methoden erklärt werden, die im Schulunterricht verwendet werden und das Thema sehr deutlich machen. Natürlich gibt es zahlreiche weitere Methoden, die jedoch den Rahmen und das Ziel des Themas in diesem Zusammenhang sprengen. Die Unterrichtsformen sind zur Veranschaulichung grundsätzlicher Lehrmethoden sehr vereinfacht dargestellt und werden von Fachleuten sicher für genau diese Einfachheit kritisiert werden. Dennoch reicht sie meiner Meinung nach, um etwas Grundsätzliches aufzuzeigen:
- Frontalunterricht
Der Lehrende steht vorne und doziert, während die Lernenden zuhören.
- Interaktiver Unterricht
Der Lehrende bindet die Klasse aktiv in den Unterricht ein und stellt zum Beispiel Gruppenarbeiten, die im Idealfall zu einem geplanten Lernziel führen sollen.
- Kollaborativer Unterricht
Der Lehrende bindet die Klasse aktiv in den Unterricht ein. Es werden zum Beispiel Rollenspiele angeboten, bei denen das Lernergebnis nicht vorher feststeht. Bei der dieser Lehrmethode wird der Lehrende zum Moderator eines Prozesses, bei dem das Ergebnis nicht klar ist und die Klasse zu ihren eigenen Ergebnissen kommen soll. Das bedeutet automatisch, dass der Lehrende in dem Moment nicht der Allwissende ist, der über den Schülern steht.
In manchen Kulturkreisen finden insbesondere kollaborative Lehrmethoden keine Anwendung damit die Schüler zu vorwiegend „reproduzierenden Schülern“ erzogen werden. Der Lehrende steht klar über den Schülern. Kollaborative Lehrstile haben hingegen Einfluss auf das Verhältnis Lehrender und Schüler. Sie begegnen sich in diesem Moment auf „Augenhöhe“.
Am Ende des kollaborativen Lernprozesses stehen selbstbewusste und selbstdenkende Menschen, die nicht ohne weiteres die Meinung eines anderen akzeptieren.
Die Beziehung zwischen Eltern und Lehrenden
In die schulischen Lernprozesse des Nachwuchses mischen sich immer mehr Eltern aktiv ein. Es ist keine Frage, dass die Mitarbeit der Eltern gefordert ist, nur das „Wie“ hat sich in den letzten Jahren verändert und macht die Arbeit der Lehrenden um einiges schwieriger (Quelle 2.6). Schon immer waren engagierte Eltern an dem Entwicklungsprozess ihrer Kinder interessiert. Nur die Quantität der Einmischung hat in den vergangenen Jahrzehnten erheblich zugenommen und sich qualitativ verändert.
Neben der Erziehung der Kinder, die zu Hause stattfindet, lernen Kinder in der Schule neben den Inhalten auch das Leben in einer Gesellschaft und Gruppe. Der Vergleich, dass das Schulleben nicht nur auf das Leben in einer Gruppe /Gesellschaft vorbereiten, sondern auch auf das Arbeitsleben ist meiner Meinung nach absolut nachvollziehbar. Der Lehrende ist der Vorgesetzte des Kindes mit dem es gilt auszukommen und gemeinsame Lösungen für Herausforderungen des Schullebens zu finden.
Früher mischten sich die Eltern nicht in die Schulangelegenheiten und besuchten die Lehrenden vielleicht in den Sprechstunden, um über den Lernprozess des Kindes informiert zu werden. Sie fragten bei den Lehrenden an, wie sie die Kinder zu Hause unterstützen könnten.
In den heutigen Zeiten kennen die Erziehenden die Inhalte der Schulbücher häufig besser als ihre Kinder. Zum Beispiel schimpfen sie, wenn die Matheschulaufgabe ( oder auch Klassenarbeit) in der dritten Klasse zu schwer war und Aufgaben enthielt, die nicht im Mathebuch standen. Das besondere, zusätzliche Problem ist es oft, dass dieser Unmut sehr häufig in Gegenwart der betroffenen Kinder geäußert wird und diese mitbekommen, dass die Eltern nicht viel von diesem Unterrichtenden halten. (Quelle 2.7) Diese „Nichtachtung des Lehrkörpers“ überträgt sich sofort auf das Kind. Wie soll der Lehrende dem Kind gegenüber als Respektsperson auftreten, wenn das Kind weiß, dass die Eltern ihn nicht achten. Dem Lehrenden werden ein wesentlicher Handlungsspielraum und Kompetenzen genommen.
Viele Eltern sind inzwischen komplett involviert in das Leben ihrer Kinder und beobachten genau die Aktivtäten ihres Nachwuchses. Sie werden in den Medien „Heli-Eltern“ genannt. Dieses Wort leitet sich aus Helikopter ab und soll beschreiben, dass sich die Eltern ständig in der Nähe der Kinder befinden und beobachten, ob alles mit ihnen nach ihren Vorstellungen läuft. Diese Betreuung der 6 bis 9-Jährigen geht teilweise so weit, dass die Eltern ihre Kinder bis vor das Klassenzimmer in der Grundschule bringen. Dabei kommen sie in letzter Minute und parken den Wagen vor der Schule im absoluten Halteverbot. Einige Schulen haben inzwischen reagiert und elternfreie Zonen eingerichtet (Quelle 2.7). Die neuste Bezeichnung dafür sind die „Rasenmäher-Eltern“, über die ihr mehr in der nächsten Veröffentlichung lesen könnt. Wenn ihr Lust habt, könnte ihr den Begriff schon heute in die Suchmaschine eingeben.
Sind die Noten der Kinder nicht gut, so mischen sich die Eltern gerne mal in die Notengebung ein, indem sie die Schulaufgaben ihrer Kinder genau nachprüfen. Lehrende berichten häufig von Eltern, die in Sprechstunden über die Notengebung diskutieren und Nachbesserungen der Note einfordern. Ob das der Sinn der Sache ist? Natürlich passieren auch Lehrenden Fehler, schließlich sind auch sie nur Menschen. In Fächern, wie der Mathematik, in der nur ein Ergebnis richtig ist, kann über richtige Zwischenergebnisse diskutiert werden. Manchmal nehmen die Maßnahmen der Eltern jedoch faszinierende Ausmaße an: Zum Beispiel dann, wenn wie im vorhergehenden Kapitel beschrieben, der Schuldirektor Besuch der Eltern in Begleitung eines Anwaltes erhält, um die Note der Deutschklausur in Frage zu stellen (Quelle 2.6).
Auch in den Erziehungsprozess innerhalb der Klassengemeinschaft sehen Eltern keinen Hinderungsgrund, sich einzumischen. Diese Aussage soll mit folgendem Beispiel verdeutlicht werden: Es passierte in einer Klasse, dass einem Mitschüler die Geldbörse geklaut wurde, in der auch seine Monatsfahrkarte für die öffentlichen Verkehrsmittel steckte. Da der Schüler einen weiteren Weg hatte, entstanden ihm einige Kosten während in der Schule versucht wurde, den Vorgang aufzuklären. Einige Tage später tauchte der Geldbeutel wieder auf, der Täter war jedoch nicht auszumachen, da die Klasse zusammenhielt. Also verhandelte die Klassenlehrerin mit den Schülern, dass jeder einen kleinen Betrag in eine Kasse tun würde, um dem Schüler die entstandenen Sonderkosten zu erstatten. Es war der Großteil der Jugendlichen einverstanden. Als ein Elternteil von diesem Vorgang erfuhr, wollte er den Vorfall vor die Schulaufsicht bringen, weil die Lehrerin von den Kindern Geld erzwungen hätte (Quelle 2.6).
Im nächsten Kapitel: 2.4 lest ihr, welchen Einfluss diese Erziehungsmethoden auf unseren Nachwuchs haben und ich kann euch versprechen, dass das Ergebnis nicht überraschend ist. Das Kapitel findet ihr hier.